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Bologna – Italiens heimliche Genusshauptstadt

 

Bologna - la grassa, la dotta und la rossa – die Fette, die Gelehrte und die Rote wird die Hauptstadt der Region Emilia-Romagna genannt. Man könnte sie auch Stadt der Arkaden nennen, denn dank ihrer wunderschönen Arkaden, die sich auf knapp 40 km Gesamtlänge summieren, kann man die Innenstadt bei Regen trockenen Fußes durchqueren. Warum Bologna den Beinamen die Fette trägt, wird auf den Fotos weiter unten ersichtlich. Der Beinamen die Rote erschließt sich ebenfalls auf den folgenden Fotos, da ihre Palazzi und Häuser in unterschiedlichsten warmen Rottönen gehalten sind. Und die Gelehrte nennt man Bologna wegen ihrer schon im 11. Jh. gegründeten Universität. Auch heute bevölkern auffallend viele junge Studierende die Universitätsstadt, ein Viertel der knapp 400.000 Einwohner studiert an einer der zahlreichen Fakultäten. Und von Massentourismus zum Glück keine Spur. 

 

 

Die Piazza del Nettuno (der berühmte Neptunbrunnen wurde da leider gerade renoviert und war verdeckt) mit dem Rathaus geht nahtlos in die Piazza Maggiore über, das pulsierende Zentrum Bolognas, eingerahmt von diversen Palazzi und der Basilica San Petronio, deren gigantischen Ausmaße man tatsächlich erst wahrnimmt, wenn man sie betritt. Größer als die konkurrierenden Dome in Mailand und Florenz sollte die ab 1390 erbaute Kirche mit ihrem gotischen Innenleben werden. Aber wie das dann so ist, wenn der Gigantismus die Bodenhaftung verliert, irgendwann ging das Geld aus, San Patronio wurde nie fertig und für eine ordentliche Fassade reichte das Geld nicht mehr, sie blieb – wie übrigens auch die eine oder andere berühmte Kirche in Florenz – nackt und schlicht, was ihr aber auch gut steht. Umso überwältigender ist allerdings die Raumwirkung, wenn man sie betritt. Daher keinesfalls verpassen!

 

 

In der vorbildlich sanierten Altstadt kann man stundenlang bummeln, die alten Fassaden und vielseitig gestalteten Arkaden bewundern, zwischendurch die mundwässernden Auslagen in den Marktgassen des Quadrilatero bestaunen, das sich gleich hinter der Piazza Maggiore erstreckt. In diesem Dorado für Genussmenschen reihen sich zig Läden, Bistros, Lokale, die köstlichste Spezialitäten der Region feilbieten.

 

 

Täglich frisch gemachte Tortellini, Tortelloni, Tagliatelle zählen zu den Pasta-Köstlichkeiten, die in Bologna erfunden worden sind. Dazu ein "ragu" aus Rindfleisch, das übrigens aus besten Zutaten mindestens 2-4 Stunden köcheln muss, und hinter dem die anderswo in der Welt zu Spagetti à la bolognese verkommenen Gerichte vor Scham erröten müssten. Weitere Dinge, die man in Bologna probieren sollte: die Mortadella natürlich, aber auch süßen Reiskuchen zum Dessert, und vieles, was die ganze Region Emilia-Romagna der "fetten" Stadt beschert, Parmaschinken, Mozarella, Parmigiano reggiano, Aceto balsamico die Modena ..... Und das schönste – man kann sie gleich vor Ort in den zahlreichen Streetfood-Läden und Bistros verzehren. 

 

 

Es lohnt sich auch, den kleinen Spaziergang zum mercato delle erbe zu unternehmen, zumal er durch wunderschön gestaltete Arkaden führt. Der Markt lockt nicht nur mit seinen Lebensmittelständen, sondern auch mit gemütlich kleinen Streetfoodlokalen. 

 

 

Vorbildlich: Das hat mich begeistert und wieder mal überzeugt davon, dass Italien, in diesem Fall Bologna, uns in einigen sinnvollen Einrichtungen voraus ist: Fast jedes Lokal, das ich gesehen habe und das eine Treppe hatte, bot einen Treppenlift für Behinderte. Was mich auch immer begeistert in Italien ist das riesige Angebot an Vollkorn- und gesunden Getreideprodukte, die es dort schon in den Supermärkten gab, als bei uns noch keiner von Urkorn oder Kamut gehört hatte. Meine Vollkornkekse kaufe ich schon seit über 20 Jahren in Italien. Und dort auch schon lange üblich: Das Obst und Gemüse in den Supermärkten darf man nur mit den aushängenden dünnen Plastikhandschuhen anfassen – wer weiß, vielleicht schaffen es die Italiener auch schneller, das Plastik durch ökologischere Produkte zu ersetzen. Da sind sie leider noch nicht so vorbildlich. 

 

 

Die beiden schiefen Türme von Bologna Torri, degli Asinelli e Garisenda,  gehören noch zu den letzten 12 von rund 180 Geschlechtertürmen, die rivalisierende Adelsfamilien im 12 und 13. Jh. zu dem einzigen Zweck, mit ihren Reichtum zu imponieren, errichtet hatten. 

 

 

Piazza und Klosteranlage Santo Stefano, auch die lohnen – nur ein paar Gehminuten von den Türmen entfernt – einen Besuch. Der Kirchenkomplex (sette chiese) besteht aus verschiedenen romanischen Bauten aus diversen Jahrhunderten ab dem 5. Jh., zwei pittoreken Innenhöfen, Baptisterium und einem sehenswerten Museum. 

 

 

Die im Jahr 1088 gegründete Universität gilt als die älteste Europas. Knapp 300 Jahre bis Anfang des 19. Jh. war ihr Sitz im Palazzo Archiginnasio, in dem heute das kleine Museo di Anatomia Umano Normale untergebracht ist. Hauptsehenswürdigkeit ist dort das Teatro Anatomico, der 1637 eingerichtete Anatomiehörsaal, in dem die Studenten den Vorlesungen und Demonstrationen der Professoren am menschlichen Körper lauschten. 

 

 

All das, was hier zu sehen ist, kann man gut in einem Tag schaffen, allerdings ohne die großartigen Museen wie die Pinacoteca Nazionale oder das Museo Morandi. Ich bin damals mit dem Zug in einer Stunde von Rimini nach Bologna gefahren und abends zurück. Aber ein Tag ist eigentlich viel zu schade für dieses außerordentlich italienische und reizvolle Bologna – erst recht angesichts der kulinarischen Gaumenkitzel, die einen dort erwarten. Irgendwann in nächster Zeit steht die ganze Region der Emilia-Romagna ganz oben auf meiner Reisewunschliste

 

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